Was Erholung im Crossfit mit dem Ego zu tun hat

Von Sarah Schott

Als ich vor etwa sechs Jahren im Crossfit Capricorn mit dem regelmässigen Besuch von Klassen begann, war ich sofort begeistert. Die ersten Erfolge liessen nicht lange auf sich warten und ich war motiviert, immer mehr zu trainieren und an meine Grenzen zu gehen. Ich trainierte fünf bis sechs Mal pro Woche und vernachlässigte dabei oft andere Bereiche meines Lebens. Die Selbstständigkeit, zahlreiche Projekte und Nebenjobs beanspruchten meine Zeit und liessen wenig Raum für Erholung. Wenn ich dann mal weniger trainierte als geplant, fühlte ich mich schlecht. Je öfter dies der Fall war, desto unzufriedener war ich – obwohl ich ja trotzdem 3-4 Mal trainierte. Ich hatte das Gefühl, meine Ziele nicht zu erreichen und schwächer zu werden. Auch der Vergleich mit anderen Athlet*innen, die andere Umstände und mehr Ressourcen hatten um zu trainieren, nagte an meinem Selbstbewusstsein.

Es dauerte eine Weile bis ich akzeptieren konnte, dass ich wahrscheinlich nie zu den Top-Athlet*innen in der Schweiz gehören und an Wettkämpfen nicht so performen würde, wie andere. Um das zu erreichen, hätte ich beruflich zurückstecken und kürzer treten müssen – denn alles gleichzeitig geht nicht. Mit der Zeit habe ich gelernt, meine Prioritäten neu zu setzen und mein Ego zurückzustellen. Schliesslich war und bin ich keine Profisportlerin und kann (und will) nicht die Zeit investieren, die dafür nötig wäre. Und das ist total ok.

Heute trainiere ich mit einer ganz anderen Einstellung. Ich habe gelernt, auf meinen Körper zu hören und ihm die Erholung zu geben, die er braucht. Statt fünf bis sechs Mal pro Woche trainiere ich jetzt durchschnittlich drei Mal, und paradoxerweise habe ich mehr Erfolg als früher. Die Qualität meines Trainings hat sich verbessert, ich kann mich besser fokussieren und meine Leistungsfähigkeit ist höher. Das liegt nicht nur am personalisierten Trainingsplan (danke Coach Marco ), sondern auch an der Ernährung rund um’s Training und nicht zuletzt an der Erholung, die ich meinem Körper zwischen den Trainings gönne.

Im Vergleich zu (professionellen) Wettkampfathlet*innen habe ich nicht nur weniger Zeit für’s Training, sondern auch mehr bzw. andere Verpflichtungen, die zusätzlich belasten. Dadurch habe ich auch weniger Zeit, mich von den Trainingseinheiten zu erholen. Es gilt also, die verbleibenden Ressourcen möglichst optimal zu nutzen, um eine gesunde Balance zwischen Training und Erholung zu finden.

Grundsätzlich ist es beim Crossfit-Training wichtig zu unterscheiden, ob es sich um eine*n Wettkampfathlet*in oder um eine*n Otto-Normalverbraucher*in handelt. Welches Ziel soll mit dem Training erreicht werden? Wenn, wie bei den meisten, die Gesundheit und das Fitbleiben im Vordergrund stehen, kann man das Ganze etwas entspannter angehen. Nur ist das nicht immer ganz so einfach, wenn man erst einmal angefressen ist …

Die Bedeutung der Erholung beim Crossfit geht weit über das rein Physische hinaus. Es ist ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren, die sowohl den Körper als auch die Psyche betreffen. Dazu gehören nicht nur ausreichend Schlaf und aktive Erholung, sondern auch die Fähigkeit, das eigene Ego abzulegen und auf den eigenen Körper zu hören.

Schlaf und Regeneration

Studien haben gezeigt, dass ausreichender Schlaf eine entscheidende Rolle bei der Regeneration des Körpers spielt. Während des Schlafs werden wichtige Reparatur- und Wachstumsprozesse in Gang gesetzt, die für die Erholung nach intensivem Training unerlässlich sind. Schlafmangel kann die kognitiven Funktionen beeinträchtigen, die Muskelregeneration verlangsamen und das Verletzungsrisiko erhöhen. Deshalb ist es wichtig, vor allem in trainingsintensiven Zeiten ausreichend zu schlafen. Also ab ins Bett! Schalte den Fernseher etwas früher aus und profitiere von den positiven Effekten, die mehr Schlaf mit sich bringt. 💪🏼 Und überhaupt: Was gibt es Schöneres, als sich in die wohlig warme Bettdecke zu kuscheln?

Es gibt übrigens viele Faktoren, die die Schlafqualität beeinflussen. Hier eine kurze Auflistung der wichtigsten Tipps:

  • Schaffe eine erholsame Schlafumgebung mit einer guten Matratze, einer Raumtemperatur von 18 bis 20 Grad, genügend Dunkelheit und möglichst wenig Lärm

  • Versuche, mindestens sieben Stunden zu schlafen und gehe früh genug ins Bett

  • Stelle deinen Wecker jeden Tag genau zur gleichen Zeit, idealerweise auch am Wochenende

  • Reduziere Nickerchen auf ein Minimum und schlafe tagsüber nicht länger als 20 Minuten

  • Entspanne dich etwa 30 Minuten vor dem Schlafengehen und vermeide Bildschirme

  • Baue Bewegung in deinen Alltag ein und verbinde sie gleich mit ca. 30 Minuten an der frischen Luft

  • Achte darauf, was du isst und trinkst, besonders kurz vor dem Schlafengehen (Menge, Koffein und Alkohol haben einen grossen Einfluss auf die Schlafqualität)

Active Recovery

Aktive Erholungsmassnahmen wie leichte Bewegung im tiefen Pulsbereich, Stretching und Foam Rolling können die Erholung nach intensivem Training beschleunigen. Studien zeigen, dass aktive Erholungsstrategien dazu beitragen können, Muskelkater zu reduzieren, die Durchblutung zu verbessern und die Beweglichkeit zu erhöhen. Darüber hinaus können sie helfen, Stress abzubauen und das allgemeine Wohlbefinden zu steigern. Ein Spaziergang in der Natur wirkt Wunder und ist manchmal genau das, was wir brauchen – statt eines weiteren Trainings.

Apropos Stretching und Beweglichkeit: Chris erklärt in ihrem neuesten Blogbeitrag, weshalb Mobility so wichtig ist

Psychologische Aspekte

Das Ego spielt beim Crossfit oft eine entscheidende Rolle. Der Wunsch, besser zu sein als andere oder über die eigenen Grenzen hinauszugehen kann dazu führen, dass wir unsere körperlichen Warnsignale ignorieren und über unsere Grenzen hinausgehen. Studien haben gezeigt, dass übertriebener Ehrgeiz und Perfektionismus mit einem erhöhten Risiko für Übertraining, Burnout und Verletzungen einhergehen können. Oft setzen wir uns zu hohe statt realistische Ziele, die wir erreichen und sogar übertreffen können (Spoiler: Der psychologisch positive Effekt ist so viel belohnender als umgekehrt).

Es ist wichtig sich bewusst zu machen, dass langfristige Gesundheit wichtiger ist als kurzfristige Erfolge. Der Körper gibt oft Zeichen, wenn er nicht mehr kann. Diese wahr- und vor allem ernstzunehmen ist der Schlüssel zu einem gesunden Umgang mit sich selbst. Das wiederum führt zu dauerhaftem Wohlbefinden – sowohl körperlich als auch psychisch. Letztlich kommt es nicht darauf an, wie oft wir trainieren, sondern wie effektiv wir es tun und wie gut wir uns dabei fühlen.

In diesem Sinne möchte ich zu einem ganzheitlichen Ansatz beim Crossfit-Training ermutigen, der sowohl das körperliche als auch das mentale Wohlbefinden berücksichtigt. Wie bei so vielen Dingen gilt es auch hier ein gesundes, individuelles Mittelmass zu finden, denn nur so können wir das volle Potenzial unseres Körpers ausschöpfen und den Spass am Crossfit langfristig in vollen Zügen geniessen.

Referenzen:

Schlaf und Regeneration:
Active Recovery:
Psychologische Aspekte:
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